Privatvermögen wird zur Steuerzahlung hinzugezogen Privatvermögen wird zur Steuerzahlung hinzugezogen

Unternehmensnachfolge: Privatvermögen wird zur Steuerzahlung hinzugezogen

Hotellerie

Mittlerweile hat sich der deutsche Mittelstand an die Neuordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer und an die damit einhergehenden steuerlichen Verschärfungen bei der Vermögensübertragung gewöhnt. Es ist wohl jedem Unternehmer klar, dass er heute nicht mehr in jedem Falle unter gewissen Umständen eine vollständige steuerliche Verschonung erhält, wenn er sein Hotel, sein Restaurant oder seinen Tagungsbetrieb an die nächste Generation weitergibt.

Bis Ende 2014 konnte jedes Unternehmen steuerfrei übertragen werden, wenn eine entsprechende Haltefrist am Unternehmen seitens des Erben/Beschenkten wahrgenommen und die Lohnsummen in diesem Zeitraum nicht nach unten korrigiert wurden.

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Es hatte aber eben keine Prüfung dahingehend gegeben, ob denn die Erwerber des Betriebsvermögens diese Verschonung überhaupt benötigten. Heute beträgt die Grenze, bis zu der die volle Verschonung unter Einhaltung der bekannten Bedingungen möglich ist, 26 Millionen Euro pro Erb- beziehungsweise Schenkungsvorgang. Darüber hinaus wird die steuerliche Verschonung mehr und mehr abgeschmolzen, je höher das Vermögen wird. Damit sind die Möglichkeiten, auch gehobene unternehmerische Vermögen – wie sie in Gastgewerbe und MICE aufgrund von oftmals großvolumigem Grund- und Immobilienbesitz durchaus vorkommen können – steuerfrei zu übertragen, stark eingeschränkt worden.

Jetzt hat der Gesetzgeber noch einmal nachgelegt und die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG eingeführt. Überschreitet der Erwerb von begünstigtem Vermögen die Grenze von 26 Millionen Euro, ist die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer auf Antrag des Erwerbers nur noch dann zu erlassen, soweit er nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Ein Erwerber kann den Erlass nicht in Anspruch nehmen, soweit er begünstigtes Vermögen auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss.

Das bedeutet, dass die Finanzbehörden das verfügbare Vermögen eines Nachfolgers hinzuziehen, um über eine Erleichterung bei der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer zu entscheiden. Und es bedeutet natürlich auch, dass das Privatvermögen zur Disposition steht und gegebenenfalls aufgewendet werden muss, um die Übernahme des Familienunternehmens zu finanzieren. Die auf das begünstigte Vermögen anfallende Steuer wird nur dann erlassen, soweit der Erwerber nachweisen kann, dass er persönlich die Steuer nicht aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen kann.

Als „verfügbares Vermögen“ gelten übrigens 50 Prozent des mit der Vermögensübertragung erworbenen und des zum Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits dem Erwerber gehörenden nicht begünstigten Vermögens. Wird diese Schwelle überschritten, kann keine Verschonung in Anspruch genommen werden – dann gilt der Erwerber als finanzstark genug, die Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer zu entrichten. Das können Bargeld und Wertpapiere sein, aber auch Immobilien oder stille unternehmerische Beteiligungen. Durch die Verschonungsbedarfsprüfung kann es also dazu kommen, dass illiquide Vermögenswerte zwecks Begleichung der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer veräußert werden müssen.

Die Einführung der Verschonungsbedarfsprüfung kann natürlich erhebliche steuerliche Belastungen für Erben von größeren und großen Unternehmen zur Folge haben. Daher sollten für die Übertragung von Unternehmensvermögen vorsorglich umfassende steuerliche und rechtliche Vorbereitungen getroffen werden. Im Kern geht es dabei vor allem um die Nutzung der gesetzlichen Freigrenzen pro Erwerb. Denn wie bei der privaten Erbschaft- und Schenkungssteuer kann auch bei Unternehmensübertragungen alle zehn Jahre der Sockelbetrag von 26 Millionen Euro zur steuerfreien Übertragung genutzt werden. Das versetzt Unternehmerfamilien in die Lage, frühzeitig eine Übertragungsstrategie zu entwickeln und demnach gehobene unternehmerische Vermögen – nach heutigem Stand und unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben – ohne steuerliche Belastung zu übertragen. Zumal die Nachfolger damit frühzeitig an die unternehmerische Verantwortung herangeführt werden und somit die Übertragung nicht nur steuerlich, sondern immer auch strategisch sinnvoll gestaltet werden kann.

Über den Autor

Jan-Moritz Degener ist Rechtsanwalt und Partner bei Beiten Burkhardt. Seine Tätigkeit umfasst neben der Beratung in den Bereichen Unternehmensrecht, Mergers & Acquisitions und Corporate Finance auch das Erbrecht, die Unternehmens- und Vermögensnachfolge sowie die umfassende Beratung von Stiftungen und deren Verwaltung. Mehr Informationen unter www.beiten-burkhardt.com
 
 
 
 
 
 


Bildquelle: Canva


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