Das deutsche Erbrecht kennt einen speziellen Bereich, der vielen Menschen sehr komplex erscheint. Die Rede ist vom Pflichtteil. Aber gerade Unternehmer in Hotellerie, Gastronomie und MICE sollten sich mit den Details auseinandersetzen, um beispielsweise nicht in eine rechtlich schwierige Situation bei der Vermögensübertragung zu geraten.
Denn im Rahmen der Unternehmensnachfolge können Pflichtteilsansprüche von Kindern dazu führen, dass die ursprünglich angepeilte Strategie nicht mehr haltbar ist. Das ist insbesondere in der aktuellen Situation wichtig, in der eine der größten Nachfolgewellen der deutschen Wirtschaftsgeschichte ansteht – die Nachkriegsgeneration und die Baby Boomer gehen nach und nach in den Ruhestand.
Der Hintergrund: Nicht in allen Familien verläuft die Unternehmensnachfolge harmonisch, etwa aufgrund unterschiedlicher Lebensentwürfe in der Erbengeneration. Dann will der Unternehmer regelmäßig dafür sorgen, dass nur der gewünschte Erbe vom Unternehmen profitiert und es nicht zu Streitigkeiten und Zersplitterung in der neuen Gesellschaftergeneration kommen kann. Ein Weg dafür ist, einzelne Abkömmlinge als Nachfolger auszuwählen und andere von der Erbfolge auszuschließen.
Aber: Jemanden einfach so zu enterben, wie man das aus Filmen kennt, funktioniert nicht. Schließlich regelt das deutsche Erbrecht eindeutig, welche Personen pflichtteilsberechtigt sind. Den Pflichtteil bekommt jeder Abkömmling des Erblassers, der laut Testament von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Das gilt auch für den Ehegatten und – wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind – für die Eltern des Erblassers. Dementsprechend führt das „Enterben“, auch im Kontext der Unternehmensnachfolge in Hotellerie, Gastronomie und MICE zwangsläufig zu Pflichtteilsansprüchen der nicht bedachten Abkömmlinge gegenüber den späteren Erben. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und hängt von der Erbquote sowie weiteren Parametern ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Geldanspruch.
Das kann bei einer unternehmerischen Vermögensnachfolge natürlich für einen Hotelier zu einer hohen Belastung werden. Denn er muss sich fragen: Können meine Nachfolger aus dem liquiden Vermögen diese Ansprüche bedienen? Was passiert bei einem hohen Firmenwert mit dem Unternehmen? Muss es vielleicht teilweise verkauft werden, um den Pflichtteil auszahlen? Daher sollten Eigentümer von Hotels, Restaurants und Tagungsbetrieben langfristig planen, wie sie mit etwaigen Pflichtteilsansprüchen umgehen wollen und können. Wenn sich andeutet, dass sie einen oder mehrere gesetzliche Erben testamentarisch ausschließen wollen, sollten sie eine Strategie dafür entwickeln. Sonst kann es zu einer erheblichen Schädigung des Vermögens kommen.
Wichtig: Der Anspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn es vermeintlich nachvollziehbare Gründe für das Übergehen im Rahmen der Unternehmensübergabe gibt, zum Beispiel Zweifel an der Eignung eines Kindes zur oder auch persönliche Animositäten.
Eine Pflichtteilsentziehung kann aber nur auf ganz bestimmte im Gesetz genau und abschließend aufgezählte Gründe gestützt werden. Dazu gehören zum Beispiel strafrechtlich relevante Vorfälle oder die böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht.
Laut Experten kommt es bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen bei der Betriebsnachfolge vor allem auf eine realistische Unternehmensbewertung an. Es kursieren zahlreiche Mythen über die korrekte Bewertung. Oftmals wird angenommen, dass die Berechnungen des Finanzamts im Rahmen der Ermittlung der Schenkung- beziehungsweise Erbschaftsteuer den echten Unternehmenswert ergeben würden. Dabei sind die Ergebnisse oft viel zu hoch, sodass sie nicht als Basis für die Ermittlung des Pflichtteils dienen können.
Auch in einem weiteren Punkt ist auf eine Sonderregel zu achten. Mitunter ist die unverzügliche Auszahlung des (nach dem Gesetz) sofort fälligen Pflichtteilsanspruchs wirtschaftlich kaum darstellbar. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber hier die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten (allerdings recht engen) Voraussetzungen die Stundung von Pflichtteilsansprüchen zu verlangen. Eine Lösung kann sein, einen Erben lebzeitig auszuzahlen und dann einen Pflichtteilsverzicht notariell beurkunden zu lassen.
Solche Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge sollten Hoteliers, Gastronomen und MICE-Unternehmer beachten, um nicht in ein potenzielles Krisenszenario zu geraten. Dieses kann teuer werden und die Nachfolge und den Fortbestand des Betriebs gefährden. In die rechtliche und steuerliche Strategie der Vermögensübertragung müssen daher auch Fragestellungen rund um mögliche Pflichtteilsansprüche implementiert werden.
Über den Autor
Dr. Christopher Riedel ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht und praktiziert in eigener Kanzlei in Düsseldorf. Er berät Unternehmer und Privatpersonen bei allen Fragen rund um die Gestaltung und steuerliche Optimierung der Unternehmens- und Vermögensnachfolge (auch mit grenzüberschreitendem Bezug) und kombiniert seine etablierte Expertise und Erfahrung aus den Rechtsgebieten Steuerrecht, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sowie Erbrecht und Gesellschaftsrecht für die beste Lösung im Sinne des Mandanten. Weitere Informationen: www.christopherriedel.de
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Vielen Dank, dass Sie auf eine realistische Unternehmensbewertung hinweisen, die es im Erbschafts Fall zu tätigen gilt. Natürlich soll das Familienunternehmen nicht daran zerbrechen, dass es unterschiedliche Erben-Bedürfnisse gibt. Eine Beratung im Erbrecht ist unumgänglich.