Es erscheint unvermeidlich, dass so manche Hotels, Restaurants und Tagungsbetriebe aufgrund der Corona-Pandemie Insolvenz werden anmelden müssen. Das hat natürlich auch arbeitsrechtlich weitreichende Folgen. Was Unternehmen tun können, um sich auf dieses Szenario vorzubereiten und ihre Arbeitnehmer abzusichern.
Die Corona-Pandemie hat in Hotellerie, Gastronomie und Tagungsgeschäft für schwerwiegende wirtschaftliche und strukturelle Verwerfungen gesorgt. Durch die behördlich bedingten Schließungen sind viele Umsätze verlorengegangen, die sich, so die einhellige Meinung der Branche, kaum aufholen lassen werden. Dass es bislang nicht zu zahlreichen Insolvenzen in der Folge der Pandemie gekommen ist, hat vor allem mit zwei Parametern zu tun: auf der einen Seite durch die staatlichen Hilfsangebote wie dem Kurzarbeitergeld, kurzfristigen Hilfsdarlehen und mehr, und auf der anderen Seite durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 für Unternehmen, deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht.
Und so werden – hoffentlich – viele Unternehmen die Krise überstehen und langfristig wieder stabil wirtschaften. Aber genauso werden auch einige Hotels, Restaurants und Tagungsbetriebe eine Insolvenz nicht vermeiden können. Daher stellen sich viele Fragen, wie diese Unternehmen mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung umgehen und welche Regelungen für die Mitarbeiter gefunden werden können. Denn die Arbeitnehmer sind natürlich von Arbeitsplatzverlust und Verdienstausfall bedroht, wenn der Betrieb Insolvenz anmelden muss. Dementsprechend kommt dem Arbeitsrecht im Zuge einer Insolvenz weitreichende Bedeutung zu – und Eigentümer und Geschäftsleiter können sich darauf vorbereiten. Schließlich kommt die Insolvenz in der Folge der Corona-Pandemie nicht überraschend, sondern ist die bittere Konsequenz der vergangenen Monate.
Somit haben gastgewerbliche Unternehmer und Unternehmensorgane die Möglichkeit, das Insolvenzverfahren aus arbeitsrechtlicher Sicht vorzubereiten und die richtigen Schritte für eine Sanierung zu ergreifen. Im Fokus steht für viele Verantwortliche natürlich, Arbeitsplätze abzubauen, um die Kosten zu senken. Das ist aber nicht so einfach, denn der Kündigungsschutz zieht enge Grenzen. So hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) schon 2011 für betriebsbedingte Kündigungen klargestellt, dass, wenn ein Arbeitgeber behauptet, ein Arbeitsplatz sei weggefallen, weil die anfallende Arbeit fortan auf andere Arbeitnehmer verteilt werde, der Arbeitgeber konkret nachweisen muss, wie diese Arbeitsumverteilung tatsächlich funktionieren soll. Zweifel an der Glaubhaftigkeit gehen zu Lasten des Arbeitgebers.
Konkret bedeutet das: Bezieht sich der Arbeitgeber auf außerbetriebliche Gründe bei der Kündigung – wozu vor allem Umsatzrückgänge gehören –, muss er nachweisen, dass Umfang und Auswirkung des Umsatzrückganges eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen, pauschale Behauptungen zu allgemeinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten reichen hier nicht aus. Der Arbeitgeber hat dann nur noch die Chance, das Arbeitsverhältnis gegen Abfindung zu beenden, wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist. Im Moment hat sich die Praxis aber dahingehend geändert, dass die Arbeitnehmer lieber den Arbeitsplatz behalten, statt wie früher eine Abfindung mitnehmen.
Um diese Nachweise zu führen, benötigen Unternehmer einen genauen arbeitsrechtlichen Plan, der Vor- und Nachteile des Stellenabbaus in der Restrukturierung miteinander in Einklang bringt und keine „offenen Flanken“ in möglichen Gerichtsprozessen zulässt. Ein sanierungs- und arbeitsrechtlich versierter Rechtsanwalt kann dafür eine neue, rechtssichere Organisationsstruktur aufbauen, um Kündigungen im Sinne des Gesetzes zu ermöglichen, sofern dieses Vorgehen überhaupt zu einer sinnvollen Lösung des Problems beiträgt. Im Übrigen sind auch außerordentliche Kündigungen, um durch Personalabbau eine drohende Insolvenz zu verhindern, unwirksam, da selbst eine Insolvenz eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigt. Denn die Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfristen wird von der Rechtsprechung auch in der drohenden Insolvenz eines Arbeitgebers als zumutbar angesehen.
Eine arbeitsrechtliche Möglichkeit, das Unternehmen zu sanieren und eine Insolvenz zu vermeiden, ist die Einführung eines Sanierungstarifvertrags beziehungsweise Firmentarifvertrags. Bei einem solchen Tarifvertrag geht es typischerweise um eine vorübergehende, für den Arbeitgeber vorteilhafte Abweichung vom Niveau des Flächentarifvertrags, mit dem für ein sanierungsfähiges Unternehmen vorübergehend die tariflichen Leistungen ausgesetzt, verändert oder herabgesetzt werden. Im Gegenzug für einen Entgeltverzicht der Belegschaft werden in der Regel Beschäftigungsgarantien gewährt. Damit sollen der Unternehmens- und Arbeitsplatzerhalt gesichert werden. Ebenso interessant sind Verzichte auf Sonderzahlungen für die Arbeitgeber, da Urlaubs- und Weihnachtsgelder oder auch Boni enorme Belastungen darstellen können.
Darüber hinaus können Hotels, Gastronomen und MICE-Unternehmer mit ihren Arbeitnehmern Stundungsregelungen als Rechtsgrundlage für eine teilweise Nichtzahlung von Gehältern vereinbaren (äußerste Grenze ist die Pfändungsfreigrenze). Das kann Kündigungen verhindern und eine betriebswirtschaftliche Basis für die Unternehmensfortführung schaffen. Werden die Arbeitnehmer schon nicht mehr beschäftigt und bezahlt, können sie darauf verwiesen werden, Arbeitslosengeld zu beantragen, wenn das Insolvenzverfahren noch nicht durch Beschluss des Insolvenzgerichts eröffnet ist.
Diese Aussagen zeigen, dass arbeitsrechtliche Beratung im Kontext einer drohenden Insolvenz sehr wichtig ist. Unternehmer und Geschäftsleiter sollten sich nicht auf Hörensagen verlassen oder um jeden Preis Anwaltshonorare sparen. Eine sinnvolle arbeitsrechtliche Begleitung kann die Zukunft retten.
Über die Autoren
Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner der Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach, Manuela Müller Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie beraten unter anderem Hoteliers und Gastronomie bei Streitigkeiten mit Versicherungsgesellschaften und im Arbeitsrecht und verteidigen deren Interessen auch vor Landes- und Oberlandesgerichten sowie Arbeitsgerichten in ganz Deutschland. Weitere Informationen unter www.banerjee-kollegen.de
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Bei solchen Themen sollte man auf jeden Fall einen Anwalt für Arbeitsrecht kontaktieren, bevor man eine Kündigung einfach so hinnimmt. Auch wenn sie rechtens ist in einem solchen Fall, bekommt man dennoch Tipps, wie man weiter vorgehen kann, dass man z. B. auf jeden Fall ein Arbeitszeugnis verlangen sollte.