Der DEHOGA Nordrhein hält es für völlig inakzeptabel, dass die Bundesregierung sich das Recht vorbehält, Betriebe zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu schließen, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich leisten zu müssen. Zugleich gehen die Streitigkeiten von Gastronomen und Hoteliers mit ihren Betriebsschließungsversicherungen intensiv weiter.
Die Debatte um behördliche Einschränkungen in Gastronomie und Hotellerie geht nämlich ständig weiter. Von Lockerungen ist bislang keine Rede, und die Bundesregierung im Rahmen der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes stoßen nicht nur bei den Betroffenen auf völliges Unverständnis. So heißt es beispielsweise beim DEHOGA Nordrhein: „Als Interessenvertreter des Gastgewerbes halten wir eine Überarbeitung des aktuellen Entwurfes zur geplanten Neufassung des Infektionsschutzgesetzes für dringend geboten. Behördlich oder gesetzlich angeordnete Betriebsschließungen oder Betriebseinschränkungen bedürfen zwingend eines angemessenen finanziellen Ausgleichs. Wir fordern von der Politik verantwortungsvolles Handeln. Sie muss dafür sorgen, dass die Unternehmer einen angemessenen gesetzlich geregelten Anspruch auf Entschädigung haben. Behördlich oder gesetzlich angeordnete Betriebsschließungen oder Betriebseinschränkungen bedürfen zwingend eines angemessenen finanziellen Ausgleichs. Wir fordern von der Politik verantwortungsvolles Handeln. Sie muss dafür sorgen, dass die Unternehmer einen angemessenen gesetzlich geregelten Anspruch auf Entschädigung haben.“
Der DEHOGA Nordrhein hält es unabhängig von den massiven verfassungsrechtlichen Bedenken für völlig inakzeptabel, dass die Bundesregierung sich das Recht vorbehält, Betriebe zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu schließen, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich leisten zu müssen. „Zudem wollen wir keine Almosen“, sagt Verbandsgeschäftsführer Thomas Kolaric weiter, „also keine Abhängigkeit vom Wohlwollen der Regierung. Wir fordern vielmehr eine gesetzlich geregelte finanzielle Entschädigung für jeden unverschuldeten Eingriff in die Ausübung der Berufsfreiheit!“
Auf der anderen Seite stehen viele Gastronomen und Hoteliers weiterhin auch vor dem Problem, dass ihre Betriebsschließungsversicherung nicht für die Schäden aufkommen will, die durch den Lockdown entstehen. Viele Möglichkeiten existieren nicht: Entweder betroffene Gastronomen und Hoteliers unternehmen nichts und bleiben auf ihren Schäden sitzen, treten gegen eine Ausgleichssumme ihre Ansprüche ab (sogenanntes bayerisches Modell) – oder suchen eine juristische Lösung für den Streit mit ihrer Versicherung. Der Hintergrund: Einige Versicherer sahen in ihren Bedingungen keinen Versicherungsschutz für die Corona-Pandemie vorliegen. Die Versicherungsunternehmen wiesen bei der Verweigerung der Kostenübernahme darauf, dass es sich bei dieser Pandemie nicht um einen speziellen Einzelfall in einem bestimmten Betrieb handele, der von der Betriebsschließungsversicherung abgedeckt werde. Es lägen keine Infektionen beziehungsweise Krankheitserreger im Unternehmen selbst vor, die eine Schließung erforderlich machten, so die Versicherer.
Das sollte sich kein Unternehmer bieten lassen. Der anwaltliche Rat ist eindeutig: Unternehmer aus Hotellerie, Gastronomie und MICE sollten die Abfindungserklärung auf keinen Fall unterzeichnen, sondern auf ihrem Recht beharren, im Zweifel die komplette Palette der möglichen Rechtsmittel bis hin zur Versicherungsschutzklage abzuklären und einzusetzen. Der Vorteil: Es existieren immer mehr verbraucherfreundliche Urteile für Gastronomen, Hoteliers und Tagungsunternehmer gegen Versicherungsgesellschaften, die die Deckung versagen.
Zudem kommt es derzeit auch hinsichtlich eines anderen Sachverhalts im Rahmen der Betriebsschließungsversicherung zu einer neuen Frage: Ist durch den zweiten Lockdown ein neuer Versicherungsfall eingetreten und sind daher gegebenenfalls neue Leistungsansprüche entstanden, sofern die Verträge nicht schon durch Kündigung wirksam beendet oder angepasst worden sind? Auch hierbei gilt, dass sich betroffene Gastronomen und Hoteliers nicht verrückt machen lassen sollten. Im Ergebnis dürfte in vielen Fälle ein neuer Versicherungsfall eingetreten sein, wenn nicht mit dem Versicherer vereinbart wurde, dass Pandemien im Allgemeinen oder die Corona-Pandemie im Speziellen ausdrücklich ausgeschlossen sind.
Im Übrigen heißt es gleichlautend in die Policen mehrerer Versicherer: „Mehrfache Anordnung: Wird eine der durch die Versicherung gedeckten Maßnahmen mehrmals angeordnet und beruhen die mehrfachen Anordnungen auf den gleichen Umständen, so wird die nach Nr. 3 zu leistende Entschädigung nur einmal zur Verfügung gestellt.“ Damit soll der zweite Versicherungsfall ausgeschlossen werden. Diese Vertragsklauseln, nach denen mehrfache Anordnungen aufgrund gleicher Umstände ausgeschlossen sein sollen, sind mit ziemlicher Sicherheit unwirksam und bieten wiederum einen neuen Ansatz für geschädigte Unternehmer, ihre Rechte gegenüber der Versicherung durchzusetzen.
Über den Autor
Dr. Gerrit W. Hartung ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und Geschäftsführer der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft in Mönchengladbach. Die Kanzlei hat sich ausschließlich auf den Verbraucherschutz spezialisiert und berät in diesem Zusammenhang Gastronomen, Hoteliers und MICE-Unternehmer bei der gerichtlichen und außergerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche aus Betriebsschließungsversicherungen. Unter www.betriebsschliessung-corona.de hat Dr. Gerrit W. Hartung eine spezielle Website für geschädigte Gastronomen, Hoteliers und MICE-Unternehmer eingerichtet.
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