MICE - GUY: APPsolut am Gast vorbei!

APPsolut am Gast vorbei!

Hotellerie

In meiner Rolle Als MICE Guy verstehe ich mich eigentlich als eine Art One Man-Think Tank in der MICE-Welt.  Als Beobachter, Querschnittsdenker und Impulsgeber. Vielleicht sogar als „Holzauge sei wachsam!“ 

Ich bin aber auch ein Kind der Gastronomie. Wenn der Großvater der „Ballhaus-König“ von Hamburg war, der Vater Großgastronom in Berlin und man sich selbst in jungen Jahren die ersten Sporen bei gastronomischen Großveranstaltungen verdient hat, dann behält man auch in seinem späteren Berufsleben ein waches Auge für alles, was mit der Arbeit am Gast zu tun hat. 

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Gleichzeitig bin ich ein Freund der Digitalisierung in Hotellerie und Gastronomie. Ja, ich verdiene sogar mein Geld damit. Mit Standard- und Individual-Lösungen. Mit intelligentem Outsourcing der Bearbeitung von Tagungsfragen. Digitalisierung macht Sinn. Aber nur dann, wenn sie klug aufgesetzt wird, an den richtigen Stellschrauben dreht und vor allem: wenn Sie nicht an den Interessen des Gastes vorbei operiert!

Mein heutiges Thema dreht sich daher um schlecht aufgesetzte Bestell-Applikationen, die das Ziel der Personaleinsparung erreichen sollen. Die aber gleichzeitig hoch kontraproduktiv sind, weil sie am Gast vorbeilaufen! Und die sogar in Luxus-Hotels zunehmend „in Mode“ kommen. 

Die Maschine kann Freund oder Feind sein!

Lassen Sie mich aber dazu zunächst eine kleine Anekdote erzählen.

Georgie Gunneswaran, ein studierter Mediziner, der aus Sri Lanka nach Deutschland kam, avancierte hier zu einer Art Barkeeper-Legende.  Er war einer der größten Cocktail-Caterer und eigentlich auch der Mann, der Caipirinha in Deutschland groß gemacht hat. 

Vor etwa 20 Jahren wurde eben dieser Georgie von WMF in ein Berater-Gremium gerufen für die Entwicklung von Cocktail-Maschinen. Dort sagte er in der ersten Sitzung etwas, was keiner von ihm erwartet hätte:

„Wisst ihr, das ist totaler Schwachsinn, was ihr hier macht! Einen Cocktail bestelle ich nicht wegen der einheitlichen Rezeptur, sondern ich gehe an die Bar und bestelle einen Cocktail, weil ich an die Bar gehe zu einem Barkeeper. Das Wort Barkeeper bedeutet nämlich „keep your bar“ und nicht „schütte Deinen Drink in ein Glas“. Man sucht Gesprächspartner, Individualität und keinen Automaten!“ 

Diese Sätze waren gleichzeitig das Ende seiner Beratertätigkeit. WMF hat später dann doch eine solche Maschine in den Markt gebracht, die – wie könnte es anders sein! -als Flop geendet ist. Was lernen wir?

Das Missverständnis zwischen sinnvoller Einsparung und Ausverkauf von Tafelsilber

Hier ist die kurze Brücke zur App-Bestellung, die heute in vielen Hotelbars und sogar Restaurants en vogue zu sein scheint.  Der nächste Horror-Schritt wäre dann folgerichtig: Ich bestelle per App meinen Cocktail und kann mir dann vielleicht irgendwann an einer Maschine meinen Sex on the Beach holen. Dann haben wir den Scheitelpunkt des Missverständnisses von Digitalisierung in der Hotellerie erreicht und sind konfrontiert mit einer Applikation, die mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Man muss, um Personalressourcen einzusparen, die Digitalisierung in den Bereichen einsetzen, die nicht den Kunden vernachlässigen und dabei die Seele der Gastlichkeit vernichten!

Wir erleben immer öfter ein typisches Missverständnis, wie die Hotellerie die Digitalisierung versteht. Wie kann man bloß in einer Hotelbar sagen: „Service gibt’s nicht mehr, Bestellungen nur per App!“ Was für ein Gefummel mit dem Handy, was für ein Ausverkauf an Service-Qualität. Es gibt Hotelmanager, die sich für derartige Einsparungen sogar feiern lassen. Und – was noch schlimmer ist! – Gäste, die das klaglos hinnehmen!

Selbst McDonalds hat etwas verstanden

Selbst McDonalds als Massenabfütterung bietet in modernen Betrieben zwei Optionen: Es gibt die Möglichkeit der Direktbestellung und die Version am Automaten. Bestellt man am Automaten, kommt man sogar in den Genuss eines Bring-Service. 

Der System-Gastronom hat etwas verstanden.  Sie hat Bestellprozesse automatisiert mit dem Hintergrund, dass eigentlich sogar das Gasterlebnis wieder stärker zentriert wurde.

Fazit: Ich bestelle bequem per Maschine und bekomme dann sogar mein Essen an den Tisch gebracht.

Wie man es auch dreht und wendet: Bei einer einigermaßen anspruchsvollen Gastgeber-Philosophie ist die Service-Qualität am Gast nicht verhandelbar. Sozusagen nicht APPdingbar. Tafelsilber eben. Sollte der Dehoga bei der Vergabe von vier oder fünf Hotel-Sternen künftig auch einmal ein Auge werfen auf die Servicequalität in Restaurant und Bar? Damit anspruchsvolle Gäste in Zukunft weiterhin analog übernachten und tagen und nicht nur digital mal im Internet vorbeischauen oder gleich im reinen Tagungszentrum ihr Meeting abhalten. 

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