Gearbeitet wird zu Hause – gefeiert im Büro!

Gearbeitet wird zu Hause – gefeiert im Büro!

MICE

Oder warum die Veränderung der Arbeitswelt den größten Einfluss auf Meetings und Events hat

Willkommen zu meinem ersten Beitrag auf PREGAS als „MICE Guy“! In den kommenden Monaten werde ich meine Erfahrungen und mein Wissen zu Themen rund um die Meeting-, Event- und Travel-Industrie hier teilen dürfen. Und eines sei bereits versprochen: Meine redaktionellen Texte werden nicht von Neuroflash, Chat GPT oder anderen AI-Tools geschrieben. Sie beziehen sich auf aktuelle Themen und basieren in erster Linie auf meinen persönlichen Einschätzungen – fundiert, aber auch subjektiv.

Als ich 2015 hier bei PREGAS einen Artikel mit dem Titel „Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.“ beisteuerte, empfanden einige Leser diese Ausdrucksweise etwas vulgär. Und auch mein späterer Vortrag unter dem gleichen Titel zum MICE-Kongress der ITB Berlin wäre fast von der Programmleitung abgelehnt worden. Ich sollte „scheiß“ in „nicht gut“ ändern. Dem konnte ich jedoch leider nicht zustimmen, da der Titel das Zitat von Thorsten Dirks, damals CEO der Telefónica Deutschland AG, war und ich den Bezug zu Dirks Aussage im Zuge des Wirtschaft-Gipfels der Süddeutschen Zeitung herstellen wollte.

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Ähnlich erging es mir mit dem Titel meines heutigen Artikels: „Gearbeitet wird zu Hause – gefeiert im Büro!“ Auch dieser war im letzten Jahr ein Vortragstitel und wurde von einer Auftraggeberin abgelehnt. Auch hier verwies ich auf den Ursprung. Diesmal handelte es sich nämlich um ein mir zugetragenes Zitat von Katharina Dienes, zuständig für Smart Urban Environments am Fraunhofer IAO. 

Gefeiert wird im Büro? Was ist das für ein Blödsinn?

Aber was steckt hinter dieser Aussage? Es dürfte klar sein, dass die Arbeitswelten sich extrem gewandelt haben in den letzten Jahren. Auch wenn die Homeoffice-Pflicht, die bis zum 19. März 2022 andauerte, beendet wurde, ein Recht auf Homeoffice niemals etabliert wurde. Letzteres wird hin und wieder gerne von Hubertus Heil erneut vorgeschlagen. Unabhängig von dem gesetzlichen Status Quo sprechen die Zahlen für sich. So rechnen 25% der Befragten einer Webex Studie damit, dass sie höchstens 10 Tage pro Monat noch im Büro verbringen werden. 81% möchten entweder überhaupt nicht mehr ins Büro zurückkehren oder ziehen ein Hybrid-Modell vor.

Als ein Unternehmer, der bereits seit 2015 zu 100% auf Remote-Work und Selbstbestimmung setzt, wundert mich das nicht. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Die Flexibilität und Produktivität ist höher, das Recruiting von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist gerade in Zeiten von Personalmangel leichter, Familie und Beruf kann besser vereinbart werden, somit steigt die Attraktivität des Arbeitsplatzes. (An der Stelle sei meine persönliche Anmerkung erlaubt, dass das „Stechuhr-Urteil“ zur Erfassung der Arbeitszeit für moderne Unternehmen, die auf Selbstbestimmung und evolutionäre Arbeitsplatzmodelle setzen, ein weiteres Indiz dafür ist, dass der Gesetzgeber nicht verstanden hat, was Bürokratieabbau bedeutet.)

In einem direkten Vergleich der Home Office Experience Studie aus 2021 und der Office Analytics Studie aus 2018 (beide Fraunhofer) zeigt sich, dass die Performance mit dem Höchstwert 4,0 im Home Office gegenüber 3,2 im Büro bewertet wird.

MICE guy

Aber wie immer gibt es zwei Seiten der Medaille. Denn das Ganze bringt auch Nachteile mit sich: Nicht für jeden ist Arbeiten aus dem Homeoffice geeignet, die Interaktion im Team sowie die Kreativität leidet, da keine Spontanität stattfindet. Der größte Nachteil jedoch ist der fehlende informelle Austausch. 

Wo, wenn nicht im Büro, kann ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen konstruktiv und kreativ Projekte im Sinne des Unternehmens gemeinsam nach vorne bringen?
Wann kann ich mit meiner Kollegin beim Kaffee mal über die Chefin oder den neuen Kollegen herziehen und wieder beruhigt werden?
Wie habe ich den Augenkontakt für non verbale Kommunikation? 

Versuchen Sie einmal beim Video-Call Ihrem Gesprächspartner in die Augen zu schauen, das wird nicht funktionieren, einer guckt immer in die Kamera. Um daher auf das Zitat von Katharina Dienes zurückzukommen: Das „Feiern“ im Büro steht somit für den informellen und kreativen Austausch. Das „Arbeiten“ zu Hause für die nachweislich höhere Performance.

Was hat das mit Meetings und Events zu tun?

Die bisherigen Erfahrungen und Studien zeigen uns also, dass durch die Veränderung der Arbeitswelten folgende Punkte wichtiger denn je geworden sind: Die kreative „Spielwiese“, der informelle Treffpunkt und somit der bessere Gruppenarbeitsplatz. Und was ist der Gruppenarbeitsplatz? Ein anderes Wort für Präsenz-Meeting!

Es ist also nicht das eingetreten, was alle „Meeting-Hasser“ nach Ausbruch der Pandemie prophezeit haben. „Jetzt werden endlich diese überflüssigen Meetings durch Video-Calls ersetzt.“ Nein, genau das Gegenteil ist der Fall: Präsenz-Meetings waren nie so wichtig wie derzeit! Richtig müssen sie allerdings gemacht werden. Was ich in den letzten Monaten festgestellt habe: Viele Stakeholder der Meeting- und Eventbranche freuen sich in die „Normalität“ (was immer das auch bedeuten mag) wieder zurückgekehrt zu sein und setzen sich unzureichend mit dem brutalen Wandel der Erwartungshaltung und Anforderungen auseinander.

Das, was in der ersten Forschungsphase (2015/2016) vom GCB German Convention Bureau e.V. und Fraunhofer IAO unter dem Titel „Zukünftige Veranstaltungsszenarien & Future Meeting Room“ publiziert wurde, ist angekommen. Co-kreative, kollaborative, partizipative, dezentrale und hybride Meeting- und Eventformate sind inzwischen state oft the art. Zum besseren Gruppenarbeitsplatz und den externen Meetings gehören zwar nach wie vor die guten Tugenden eines Meeting- und Event-Managers wie Organisationstalent und die  Auswahl der richtigen Location bzw. des Tagungsortes. Jedoch besteht inzwischen eine wesentlich höhere Anforderung an Methode und Einsatz von technischen Tools.

Das bedeutet aber, dass Meeting- und Tagungsorganisatoren, Tagungshotels, Meeting-Location, Konferenzhäuser aber auch Anfrage- und Buchungswege sich weiterentwickeln müssen. In vielen Workshops, die ich in den letzten Monaten durchgeführt habe mit Veranstaltungsplanerinnen und Planern aus Konzernen und mittelständischen Unternehmen sind einige Dinge besonders deutlich geworden, die mich teilweise sogar überrascht haben. 

Dazu gehört u. a. der regelmäßige Einsatz von vielen kollaborativen Tools wie z. B. Miro, Mural, Slido. Aber auch das Aufbrechen einer langweiligen Agenda der Tagung unter Hinzunahme von co-kreativen Meetingformaten und Elementen ist bei den Meeting- und Eventprofis bereits alltägliche Praxis. Womit sich jedoch alle schwer tun ist nun die Zusammenführung der analogen und digitalen Meeting- und Eventformaten. In einem realen Workshop-Raum Inhalte gemeinsam erarbeiten und auf die Pinnwand bringen – kein Problem, kennen wir! Online sich im Video-Call zusammenschalten und Feedback zu den Fragestellungen gemeinsam über Slido einholen – kein Problem, haben wir alles in den Corona-Jahren gelernt! 

Aber wie schaffen wir es jetzt, die Kollegin im Homeoffice oder den Projektleiter aus der Design-Agentur so in unser Präsenz-Meeting zu integrieren, dass alle das gleiche Meeting-Erlebnis haben?

Kritiker werden jetzt gleich laut aufschreien, dass hybride Veranstaltungen ja nichts Neues sein und wir das schon längst praktizieren. Dabei wird nur leider oftmals vergessen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einem Standard- und einem hochwertigen Individual-Event. Alle Workshops, die ich in den letzten Monaten mit erfahrenen Meeting- und Event-Managern führen durfte, kamen zum gleichen Ergebnis: Für moderne Meeting- und Eventformate, die hybrid durchgeführt werden sollen, besteht bisher kein standardisiertes Setup. Weder in den MICE-Locations noch in den (noch vorhandenen) Offices in den Unternehmen. 

Daher freue ich mich ganz besonders, dass der VDVO – Verband der Veranstaltungsorganisatoren e. V. als exklusiver MICE-Partner der ITB Berlin das Thema „GO HYBRID CREATIVE“ dieses Jahr am MICE-HUB aufgreift.

Wer mehr darüber erfahren möchte findet unter https://itb.vdvo.de alle Infos oder trifft mich im Zuge der ITB Berlin vom 07. bis 09. März in Halle 3.1 Stand 112. Ich freue mich auf ein persönliches Meeting mit Ihnen.

Bis dahin belieben Sie gesund und kraftvoll!

Ihr Bernd Fritzges
The MICE Guy

Über den MICE-Guy:

Bernd Fritzges ist Vorstandsvorsitzender vom Verband der Veranstaltungsorganisatoren e. V. (VDVO), MICE-Spezialist sowie Anbieter für digitale und analoge Lösungen für Meetings, Events, Hospitality und Travel.

Wer den Werdegang von Bernd Fritzges kennt, wird feststellen, dass er seine Kompetenzen mehr durch Praxiserfahrungen und weniger auf Basis akademischer Lehren aufgebaut hat. Dies und seine bereits frühe unternehmerische Tätigkeit führten zum Wunsch, eigenverantwortlich für Menschen zu arbeiten, die offen für neue und zukunftsweisende Wege sind, den Mut besitzen eigene Entscheidungen auch einmal in Frage zu stellen und auf der anderen Seite ebenfalls sinnvolle und funktionierende Prozesse integrieren und beibehalten möchten. 

Neben seinem Mandat beim VDVO liegt sein unternehmerischer Fokus in seiner Funktion als Geschäftsführer bei MICE DESK.

Wer mehr über Bernd Fritzges erfahren möchte folgt diesem Link: https://www.mice-guy.com/story 


Bildquelle: Bernd Fritzges


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