Die Corona-Pandemie hat erhebliche negative Auswirkungen auf Hotellerie, Gastronomie und Tagungsgeschäft. Viele Betriebe sind durch die behördlich verordneten Schließungen in ihrer wirtschaftlichen Substanz stark geschädigt und suchen Wege, diese weitreichende Krise zu überstehen.
Jetzt droht vielen Hotels und Restaurants weiteres Ungemach, denn es scheint, als würde auch Versicherungsschutz vielfach nicht gewährt – obwohl die Unternehmen sich gegen das Risiko und die Folgen einer Betriebsschließung eigentlich abgesichert hatten.
Rund 25.000 bis 40.000 Betriebe haben nach Schätzungen des Branchenverbandes DEHOGA eine solche Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Diese enthalten regelmäßig auch sogenannte Deckungserweiterungen, die Betriebe schützen sollen, wenn sie infolge behördlicher Anweisungen nach dem Infektionsschutzgesetz schließen müssen – wie eben aktuell geschehen. Aber nach aktuellen Berichten weigern sich viele Versicherer nun, die volle Summe zu erstatten, wenn die Corona-Pandemie Anlass für die Schließung war.
Warum ist das so? Die Versicherer behaupten beispielsweise mit Bezug zur Hotellerie, der Versicherungsfall sei deshalb nicht eingetreten, weil lediglich touristische, nicht aber geschäftliche Übernachtungen untersagt seien und man daher nicht von einer Betriebsschließung im klassischen Sinne sprechen könne. Dabei sind aber Passagen wie „Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt […]. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger […]“ in vielen Versicherungsverträgen zu finden, und nach Auffassung des LG Mannheim (Urteil vom 29.04.2020, 11 O 66/20) liegt durch die Corona-Verordnungen eine bedingungsgemäß versicherte Betriebsschließung vor. Der „durchschnittliche Versicherungsnehmer“ müsse daher davon ausgehen, dass auch bei Betriebsschließungen wegen der Corona-Pandemie Versicherungsschutz besteht – auch wenn der Blick in §§ 6 und 7 IfSG dies nicht bestätigt. Der Bundesgerichtshof hat übrigens in mehreren Fällen geurteilt, dass Zweifel bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zulasten des Versicherers gehen.
Unternehmer in Hotellerie und Gastronomie sollten sich daher von ihrer Versicherung nicht einfach abweisen lassen, sondern für die finanzielle Deckung im Schadenfall eintreten. Gerade in einer möglicherweise existenziell bedrohlichen Situation wie einer mehrwöchigen Betriebsschließung und unklaren weiteren Perspektiven aufgrund der nur schleppend wieder anlaufenden Ökonomie und des gesellschaftlichen Lebens ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, den Kopf in den Sand zu stecken und eine Ablehnung einfach so hinzunehmen.
Und auch ein Kompromiss, ausgearbeitet zwischen dem bayrischen Wirtschaftsministerium, Wirtschaftsverbänden und einigen Versicherern, maximal zehn bis 15 Prozent des Schadens zu zahlen, der infolge der Corona-bedingten Schließungen entstanden ist (zudem begrenzt auf 30 Tage) ist eher schädlich als hilfreich für Unternehmer in Hotellerie und Gastronomie. Daher sollten sich Betroffene, die über entsprechende Versicherungspolicen verfügen, nicht mit solchen Kompensationsangeboten zufriedengeben. Vielmehr scheint es, als sei eine juristische Lösung wesentlich tragfähiger. Die Erfahrung in anderen Versicherungsfragen zeigt, dass anwaltliche Beratung helfen kann, alle Ansprüche gegen eine Versicherung durchzusetzen, um nicht auf hohen Kosten sitzen zu bleiben. Schon die Kommunikation mit einer Gesellschaft über den Anwalt kann dafür sorgen, dass von Beginn an über ganz andere Summen gesprochen, als wenn der Hotelier oder Gastronom selbst zum Hörer greift.
Auch das Urteil des Landgerichts Mannheim weist in die richtige Richtung und zeigt auf, dass der Ablehnung der Deckung in einem Falle von Corona-bedingter Schließung enge Grenzen gesetzt sind. Daher sollten sich Hoteliers und Gastronomen auch vor dem Klageweg nicht scheuen.
Die derzeitige Situation zeigt aber auch, dass Unternehmer Hotellerie, Gastronomie und Tagungsgeschäft besondere Sorgfalt bei der Gestaltung ihrer Versicherungspolicen walten lassen sollten. Nicht immer sind Standardformulierungen zielführend, vielmehr sollte der Leistungsumfang genau durch eindeutige Formulierungen definiert werden. Das vermeidet Schwierigkeiten in einer Krise.
Über den Autor
Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner der Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach. Er berät unter anderem Hoteliers und Gastronomen bei Streitigkeiten mit Versicherungsgesellschaften und verteidigt deren Interessen auch vor Land- und Oberlandesgerichten in ganz Deutschland. Weitere Informationen unter www.banerjee-kollegen.de
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